Was haben ein Pferd, ein Tischler und ein Musical-Sänger gemeinsam?
Richtig, den Ball der Bälle! Es gibt sie wirklich, die Engel in noblen Hotels, die ihren Gästen jeden Wunsch von den Lippen ablesen. Dieter Ludewig (54) ist so einer im Hotel Bristol. „Ich bin seit 28 Jahren hier im Haus, war zehn Jahre an der Rezeption und bin jetzt 18 Jahre hier Concierge und seit acht Jahren der Chef-Concierge“, so Ludewig.
Er nennt es nicht seinen Beruf, sondern eine Berufung. Als großer Opernfan und Kulturliebhaber ist er immer auf dem neuesten Stand und kann seine Gäste über die Highlights in Wien stets professionell informieren.
Wir haben einen Opernball-Notfall-Koffer für vergessliche Herren
Was hat es eigentlich mit den goldenen Schlüsseln an seinem Revers auf sich? „Das sind ‚Les Clefs d’Or‘ – also ‚die goldenen Schlüssel‘ auf Französisch. Das ist unser Erkennungsmerkmal und ich bin der District Governor, der alle Wiener Concierges betreut“, so Ludewig weiter. Er kennt jedes Museum, weiß immer, welche Ausstellungen gerade aktuell sind, und kennt natürlich jedes Restaurant sowie die Neueröffnungen in Wien im Schlaf. Aber auch um die Sonderwünsche von Superstars, die im Bristol nächtigen, kümmert sich der Routinier.
„Ich habe mich mal mit einem Manager von einem amerikanischen Star unterhalten und gefragt, warum das Evian-Mineralwasser immer auf dem rechten Nachtkastl stehen muss. Die Antwort ist verblüffend einfach: Wenn zum Beispiel Musiker auf Welttournee sind, verbringen sie jede Nacht in einer anderen Stadt, in einem anderen Hotel und so können sie ihrem Leben eine gewisse Kontinuität geben“, so Ludewig.
Er hat aber auch schon Fitnessgeräte in Zimmern aufbauen lassen, weil es eben gewünscht war. „Ich erfülle alles, was legal machbar ist. Einer hat sogar mal einen Lipizzaner gekauft und mit seinem Flieger mitgenommen, das habe ich dann auch organisiert“, lacht er. Eine Besonderheit gibt es allerdings nur hier und auch nur zum Opernball. „Wir haben einen Opernball-Notfall-Koffer mit ein paar weißen Mascherln, Manschetten- und Frackwestenknöpfen, die werden oft vergessen. Wir haben sogar einen Gast, dem binde ich in seiner Suite die Fliege und dazu trinkt er immer ein Glas Champagner und isst ein paar Brötchen“, so Ludewig abschließend.
Kurz nach unserem Interview zieht auch er den Frack an und geht privat und voller Vorfreude auf den 65. Wiener Opernball. Die Staatsoper am Ring liegt ja zum Glück gleich über der Straße, aber um sie in einen Ballsaal zu verwandeln, braucht es sehr viele helfende Hände. Zwei besonders geschickte hat der aus dem Bezirk Baden stammende Tischler Daniel Weiser. „Ich baue hier schon zum achten Mal um, es ist immer wieder etwas Besonderes“, lacht der 27-Jährige routiniert.
„Wenn du die wilden Träume nicht mehr hast, musst du den Job wechseln!“
„Schon mein Vater und mein Großvater haben hier in der Woche vor dem großen Ball gearbeitet“, lacht Weiser und befestigt eine Tischplatte in einer der edlen Logen direkt in der ersten Reihe zum Tanzparkett. Der Aufbau dauert übrigens eine ganze Woche, für den Rückbau hingegen haben die rund 500 Arbeiter allerdings nur zwei Tage Zeit. Schau mir in die Gläser, Kleines! So oder so ähnlich könnte man die Weinglas-Kontrolle von Kellner Kevin Elsnig (26) auf den Punkt bringen. Er ist für den tadellosen Ablauf beim traditionellen traditionellen Gala-Dinner im Hotel Bristol zuständig.
„Ich bin eigentlich seit letztem Juni fertig studierter Opernsänger“, lacht Elsnig. „Aber ich wollte in
Zeiten der Pandemie einfach einen sicheren Job haben und da ich Erfahrungen als Kellner habe,
dachte ich mir – wo kann es schöner sein, als neben der Wiener Staatsoper zu arbeiten.“ Er verrät jedoch, dass er in diesem Sommer schon wieder auf den Brettern, die die Welt bedeuten, stehen wird. „Ich bin beim Musical ‚Mamma Mia!‘ auf der Seebühne in Mörbisch engagiert worden“, freut er sich.
Schon Daniel Weisers Vater und Opa arbeiteten als Tischler in der Oper
Auch die Staatsoper wurde gründlich aufgehübscht. Neben unzähligen Bars, dem Wiener Salon und dem Wiener Würstelstand fand jeder Raum eine neue Bestimmung. Aber vor allem gab es Blumen über Blumen. Dafür zuständig war Interieur-Designerin Maryam Yeganehfar. „Ich bin Teil des Opernball-Komitees von Staatsopern- Direktor Bogdan Roščić“, so Yeganehfar im Gespräch mit „Wir in Wien“.
Roščić verzichtete das erste Mal auf eine einzelne Opernball-Lady und betraute ein Komitee mit verschiedenen Aufgaben. „Schlaflose Nächte habe ich keine, aber wilde Träume. Aber mein Mentor hat mal zu mir gesagt, wenn du die wilden Träume nicht mehr hast, musst du den Job wechseln“, grinst Yeganehfar. Genauso wie es acht Millionen Fußballtrainer in Österreich gibt, gibt es auch Millionen Innenarchitekten, aber vor großer Kritik am Blumenschmuck fürchtet sich der Profi nicht, und wie wir heute wissen, wäre das auch unnötig gewesen. Die Ballbesucher waren überwältigt.
Wiener Opernball
Zahlen und Fakten:
Den 65. Wiener Opernball besuchten 5.150 Ballgäste, es eröffneten 150 Debütantenpaare. 150 Musikerinnen und Musiker musizierten. 171 Blumenarrangements und 480 Blumengestecke verschönerten die Räume der Oper. Aus rund 52.600 auf Hochglanz polierten Gläsern tranken die Gäste und aßen mit 9.200 Besteckteilen. Es standen 1.000 Sektkühler zur Verfügung und es kümmerten sich rund 320 Personen als Bewirtungspersonal. Ein Achterl Wein gab es für 13,50 Euro und ein Mineral (0,33 l) kam auf 9,90 Euro. Prost!